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Mach dich schlau!

Was brauchen Kinder alles um sich in Kitas gesund entwickeln zu können?

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Gesunde Kinder Sexualpädagogik in Kitas ©LHH/Lea Ette

Kinder sind das wertvollste, was wir in unserem Leben haben. Als Eltern wisst ihr, wie bedeutungsvoll der erste Schritt aus der Obhut der Familie in die Betreuung in einer Kita für euer Kind und euch selber ist. Der Eingewöhnung kommt da eine große Bedeutung zu. Nur sicher gebundene Kinder, die sich wohl- und aufgehoben in einer Kita fühlen, sozusagen wie ein Fisch im Wasser, haben die Sicherheit in der Kita auf Entdeckungstour zu gehen und die vielen Möglichkeiten mit neuen Räumen, Materialien, Kindern und Erwachsenen zu entdecken. Dabei lernt eurer Kind ständig etwas Neues dazu. Es lernt für das Leben.

Von der Befriedigung der Grundbedürfnisse zum Wohlbefinden

Euer Kind kann das für eine gesunde Entwicklung nötige körperliche, geistige und seelische Wohlbefinden erst dann entfalten, wenn seine Grundbedürfnisse, zum Beispiel nach Nahrung, Schlaf und Pflege, aber auch nach Zuwendung, Schutz und Anregung einfühlsam und zuverlässig befriedigt werden.

In der weiteren Entwicklung benötigen Kinder Erwachsene, euch als Eltern, die pädagogischen Fachkräfte in der Kita, um Antworten auf Fragen zu finden. Ihr kennt das selber, wenn euer Kind euch den ganzen Tag mit Fragen bombardiert, warum ist das Wasser blau, warum stürzen Flugzeuge nicht ab und wo kommen die Babys her? Hier ist es wichtig kindgerechte Antworten auf diese Fragen zu finden. Nur so viel, wie euer Kind wissen möchte, sollte auch beantwortet werden.

 

Gesundes Aufwachsen – Bildungsauftrag des Landes Niedersachsen

Das Erleben von Gefühlen und Lust gehört zum gesunden Aufwachsen von Kindern. Sexualpädagogik ist in der Kita deshalb längst kein Tabuthema mehr, sondern Auftrag. Der für Kitas in Niedersachsen verbindliche Orientierungsplan für Bildung des Kultusministeriums sagt aus: „Die sozial-emotionale Entwicklung des Kindes ist eng verbunden mit seiner psycho-sexuellen Entwicklung. Kinder sind von Geburt an sexuelle Wesen mit eigenen sexuellen Bedürfnissen und Phantasien. Die Entwicklung eines positiven Körpergefühls und – mit zunehmender Selbstbewusstheit – der eigenen sexuellen Identität bilden einen engen Zusammenhang. Kinder mit sicherem Selbstwertgefühl (…) haben auch gute Voraussetzungen, Übergriffe wahrzunehmen und sich davor zu schützen. (…) Aufgabe der Tageseinrichtung ist es, sie in diesem Prozess zu unterstützen (…)“ (vgl. Orientierungsplan Bildung und Erziehung des Landes Niedersachsen, S. 14, Nov. 2018)

Eine positive Sexualpädagogik in der Kita umfasst, die Kinder zu befähigen, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen und diese ausdrücken zu können. Zudem soll die körperliche Wahrnehmungsfähigkeit, die Förderung aller Sinne und die Entwicklung eines positiven Körpergefühls gefördert werden. Der positive Umgang mit Sexualität und Körperlichkeit leistet einen wichtigen Beitrag zur Identitätsentwicklung von Kindern und stärkt ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. In der Kita stellen Kinder schnell Unterschiede zu ihrem eigenen Körper fest. Dies ist ein vollkommen normales Anzeichen einer gut verlaufenden psychosexuellen Entwicklung. Kinder treibt Neugierde an und keine sexuelle Begierde. Diese Sorge haben wir Erwachsenen, die jedoch völlig unbegründet ist. Die kindliche Sexualität unterscheidet sich stark von der der Erwachsenen. Den Erwachsenen geht es darum, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und über Körperkontakt Beziehungen zu anderen Erwachsenen zu gestalten.

Dagegen entdecken Kinder zunächst ihren eigenen Körper, die eigene Lust und erforschen, zu welchen Empfindungen sie fähig sind. Sexuelle Erfahrungen werden nicht bewusst als Sexualität wahrgenommen, sondern als Lust und Freude am Erkunden von Bedürfnissen und Wohlgefühl. Das ist für die Kinder wichtig, um Lernerfahrungen zu machen für das weitere Leben und für die Beziehung zu anderen Menschen.

Wenn wir uns an unsere eigene Kindheit zurückerinnern, dann fallen uns sicher auch Erlebnisse ein, wo wir den eigenen Körper und den Unterschied der Geschlechter entdeckt haben. Den Kindern soll es in der Kita deshalb ermöglicht werden Erfahrungen machen zu können, z.B. durch „Doktorspiele“, bei denen es klare Regeln geben muss und die in achtsamer Distanz durch die pädagogischen Fachkräfte begleitet werden. Aber auch Fragen der Kinder sollen beantwortet werden. Dazu werden u.a. kindgerechte Bücher genutzt. Hierbei geht es aber nicht um sexuelle Aufklärung. Kinder sollen Antworten auf ihre Fragen erhalten und lernen ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu kennen. Dieses Wissen um die eigene Körperlichkeit und was sie mögen und nicht mögen, macht Kinder stark und versetzt sie in die Lage „NEIN“ zu sagen, wenn Grenzen überschritten werden. Daher ist es von großer Bedeutung die Entwicklungsprozesse von Kindern zu unterstützen.

 

Schutzkonzepte in Kitas

In Niedersachsen sind alle Kitas verpflichtet ein einrichtungsbezogenes Schutzkonzept dem Kultusministerium vorzulegen. Darin ist stets das Wohl jedes einzelnen Kindes sicher zu stellen und die sozial-emotionale Entwicklung der Kinder durch Beobachtung der pädagogischen Fachkräfte emphatisch zu begleiten. Das gilt insbesondere auch für die Entwicklungsschritte der Kinder im Zusammenhang mit ihrer Sexualität. Wichtig ist die Eltern dabei gut einzubeziehen. Eltern sind unterschiedlich, haben unterschiedliche Einstellungen zu frühkindlicher Sexualität, die u.a. auf kulturellen, religiösen und biografischen Erfahrungen beruhen. Sorgen und Ängste von Eltern sind deshalb nicht als Störung durch die pädagogischen Fachkräfte zu behandeln, sondern „kultursensibel“ zu berücksichtigen und frühzeitig durch die Kita mit den Eltern zu besprechen.

 

Brauchen „Doktorspiele“ einen eigenen Raum?

Nein. Räume, in denen sich Kinder nackt ausziehen sind zwar grundsätzlich in Kitas nicht verboten. „Kritisch zu sehen ist aber, dass der Aufforderungscharakter solcher Räume unangemessen ist. Das Bedürfnis von Kindern an Sexualität im kindlichen Bereich ist in der Regel mit kindlicher Neugier und Interesse erledigt.“ Räume, die Kinder dazu animieren sollen sich auszuziehen, braucht es deshalb nicht. (vgl. HAZ, 5.7.23, Interview U. Brandes, Leiter Winnicott-Institut, Hannover)

Kinder brauchen in Kitas aber geschützte Räume und klare Regeln, um ihren Bedürfnissen nach Erfahrungen im Bereich der kindlichen Sexualität nachzugehen. In Kitas gibt es u.a. Rollenspielräume mit Verkleidungsecken, in denen Kinder z.B. beim Vater-Mutter-Kind-Spiel Erwachsenenrollen spielerisch einnehmen können und sexuelle Identität sich entwickelt. Wichtig ist, dass die pädagogischen Fachkräfte das Spiel der Kinder achtsam und emphatisch begleiten und Fragen oder Grenzverletzungen sofort aufgreifen. Das gilt auch für andere Spielbereiche, in denen Kinder sich aufhalten und im Rahmen der kindlichen Neugier sich ausprobieren und erleben. Neben dem Schutzkonzept ist auch ein Zugangskonzept zu den von Kindern genutzten Räumen und Spielbereichen erforderlich. Es gilt zu verhindern, dass „fremde“ Erwachsene, z.B. Handwerker*innen oder Lieferant *innen einen Zugang zu sogenannten schützenswerten Bereichen des Spiels von Kindern haben. Geregelt werden muss in der Kita, dass sich „fremde“ Erwachsene anmelden müssen, am Eingang der Kita durch das Personal empfangen und so in der Kita begleitet werden, dass Kinder ungestört und ungesehen spielen können.

 

Sexualpädagogik in Kitas ist Prävention vor sexualisierter Gewalt

Durch klare Regeln, die pädagogische Fachkräfte vorleben und mit den Kindern besprechen, lernen die Kinder, dass ihr Körper ihnen gehört, und das NEIN zusagen wichtig und richtig ist. Kinder lernen spielerisch ebenso zu respektieren, wenn ein Kind sich z.B. im Waschraum nicht die Hose runterziehen und die Genitalien zeigen möchte, dieses NEIN zu respektieren.

 

Autor*in: Andreas Schenk (Sachgebietsleitung Trägerübergreifende Angelegenheiten und Programme, Fachbereich Jugend und Familie, Landeshauptstadt Hannover)

Datum: 22 Aug, 2023