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Mach dich schlau!

Begleitung frühkindlicher Entwicklung in Kitas – Teil II

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Beobachtungsverfahren in Kitas - Bildungs- und Lerngeschichten ©LHH

Liebe Eltern, im letzten Beitrag zur Begleitung frühkindlicher Entwicklung habe ich Euch das Early Excellence Beobachtungsverfahren vorgestellt. Vielleicht hat es Euch angeregt selber Euer Kind beim Spielen zu beobachten und Ihr konntet entdecken, welche Interessen Euer Kind hat und wie es sich Wissen aneignet.

Heute möchte ich Euch das Beobachtungsverfahren von Margret Carr aus Neuseeland vorstellen, dass sie Ende der 1990er Jahre als „learing stories“ entwickelt hat und warum dieser Ansatz in Deutschland Verbreitung findet.

Die frühkindliche Bildung in Deutschland rückte nach dem „PISA-Schock“ Anfang der 2000er in den Vordergrund. Bei einer weltweiten Vergleichsstudie der OECD belegte das deutsche Bildungssystem nur den 18. Platz. Forderungen nach einem Ende der „Kuschelpädagogik“ in Schule und Kita und mehr Leistungsorientierung wurden laut. Aber zum Glück setzte sich die Erkenntnis durch, das Bildung bereits weit vor der Schule, zuhause und in der Kita beginnt und es wichtiger ist Kinder individuell und an ihren Stärken orientiert bei der Aneignung von Wissen zu begleiten. Das hat insgesamt zu einer Professionalisierung der Kitas als Bildungseinrichtungen geführt.

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hat 2007 „Bildungs- und Lerngeschichten“, gefördert durch Familienministerium und Länder, als Instrument zur Beobachtung, Dokumentation und Unterstützung von Bildungsprozessen in der frühen Kindheit herausgegeben und ein bundesweites Schulungsangebot hat zur Verbreitung des Ansatzes in Kitas beigetragen.

Wie bei Early Excellence werden bei den Bildungs- und Lerngeschichten die individuellen Lernprozesse der Kinder in den Mittelpunkt gestellt. Die Bildungs- und Lernwege von Kindern sollen verstanden und Kinder bei der weiteren Gestaltung von Pädagogik in der Kita beteiligt werden.

Auch bei diesem Ansatz sollen Eltern intensiv in den Austausch über die Entwicklung ihres Kindes durch die Fachkräfte einbezogen werden. Grundlage für diesen Austausch ist die Bildungs- und Lerngeschichte. Das sind Geschichten oder Briefe, die über das Lernen des Kindes erzählen. Sie basieren auf einer vorhergehenden Beobachtung und deren Auswertung. Schaut Euch dazu in der Anlage den Beobachtungsbogen und ein Beispiel für eine Bildungs- und Lerngeschichte an.

Die Auswertung der Beobachtung erfolgt mit Hilfe der fünf Lerndispositionen.

  1. Interessiert sein: Das Kind interessiert sich für ein Thema und zeigt sein Interesse deutlich
  2. Engagiert sein: Das Kind bleibt „am Ball“, ist in sein Tun vertieft, handelt aktiv
  3. Standhalten bei Herausforderungen und Schwierigkeiten: Das Kind entwickelt Problemlösungstrategien, lässt sich nicht beirren, zeigt Konzentration
  4. Sich ausdrücken und mitteilen: Das Kind möchte sich artikulieren, es sucht altersgerechte Wege der Kommunikation, will mit anderen (über sein Tun) ins Gespräch kommen
  5. An einer Lerngemeinschaft mitwirken Verantwortung übernehmen: Das Kind möchte eine aktive Rolle innerhalb der Gruppe einnehmen und findet Wege dies zu tun, es leitet andere an, liefert Ideen und Anregungen, gibt Hilfestellung

Der nächste Schritt besteht darin die gemachten Beobachtungen im Team der Kita zu diskutieren, somit die verschiedenen Sichtweisen zusammenzutragen und auszuwerten. Dabei können (sollen) die Sichtweisen vom Kind selber und von den Eltern miteinbezogen werden. Damit kann die Entwicklung des Kindes genauer erkannt und beschrieben werden. Zusammen werden Ideen für nächste Schritte gesammelt und ein Angebot für das Kind entwickelt und durchgeführt, dass an den Interessen des Kindes ansetzt. An dem Angebot sollen auch andere Kinder teilnehmen können. So kann das Kind zeigen, dass es Expert*in für diese Sache ist und bezieht die anderen Kinder mit ein.

Das Angebot wird mit Fotos dokumentiert. Gemeinsam mit dem Kind wird in einfacher Sprache das Angebot beschrieben. Dabei verfestigt sich beim Kind der Lernprozess.

Die pädagogische Fachkraft schreibt danach die Bildungs- und Lerngeschichte und alles zusammen wird, z.B. in einem Portfolio dokumentiert. Das Portfolio soll dem Kind ständig zugänglich sein und gehört dem Kind. Damit kann das Kind immer wieder darauf zurückgreifen und mit anderen Kindern, den Eltern oder Fachkräften beim Anschauen und darüber sprechen, Wissen weiter verfestigen.

In einem weiteren Artikel werde wir Euch das Beobachtungsverfahren nach Marte Meo von Maria Aarts vorstellen.

 

Autor*in: Andreas Schenk (Sachgebietsleitung Trägerübergreifende Angelegenheiten und Programme, Fachbereich Jugend und Familie, Landeshauptstadt Hannover)

Datum: 23 Sep, 2022