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Mach dich schlau!

Was tun gegen Fachkräftemangel in Kitas?

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Wie umgehen mit dem Fachkräftemangel in Kitas? ©Claudia Possekel

Liebe Leserinnen und Leser,

was haben Wohlbefinden, Spaß und intrinsische Motivation miteinander zu tun? Sie tragen dazu bei, dass der Arbeitsplatz ein Ort ist, an dem man gerne ist, sich einbringt, kommuniziert, selbstwirksam sein kann, für Kinder und ihre Familien da ist, als Pädagog*in, Leiter*in oder Koordinator*in von Familienzentren. Und das auch noch während eines hohen Krankenstandes, offenen Stellen und einer allgemeinen hohen Belastung. Das scheint wie eine gute Utopie, wie ein Luftschloss und doch scheint es so, als wäre diese Vorstellung zum Greifen nahe.

In einer Zukunftswerkstatt haben sich Leitungen, Koordinator*innen und pädagogische Kräfte mit der Frage befasst, wie man konstruktiv mit dem Personalmangel in Familienzentren umgehen könnte, ohne dabei die bestehenden Teams bis an das Ende ihrer Belastungsfähigkeit zu treiben. In einem siebenstündigen Workshop haben sie die drei Phasen einer Zukunftswerkstatt durchlaufen und sich mit dieser Frage in der Kritikphase, Phantasiephase und Verwirklichungsphase eingehend auseinandergesetzt.

Die Methode

Es gibt immer wieder Situationen und Zustände, die sich zu einem Problem auswachsen oder dazu führen, dass man sich in seinem beruflichen Arbeitsbereich nicht mehr wohlfühlt. Manchmal scheint es, als wären einem die Hände gebunden oder man hätte zu wenig Einfluss um diese Probleme angehen zu können. Das Gefühl, mit seinen Problemen allein zu sein, wiegt dabei schwer. Doch wenn sich mehrere zusammen schließen ergibt sich die Möglichkeit, das Problem von mehreren Perspektiven zu betrachten und Ideen zu entwickeln, wie es eigentlich sein sollte. Aus dem „so sollte es eigentlich sein“ kann dann im Austausch und aus der Gemeinschaft heraus ein „so wird es angepackt und so wird es funktionieren“ entwickelt werden. Genau eben diese Prozesse kann eine Zukunftswerkstatt anstoßen.

Zukunftswerkstätten sind in drei Phasen eingeteilt:

Die erste Phase ist die Beschwerde- und Kritikphase. Hier wird der Ist-Zustand beschrieben: was wird bedauert, was funktioniert nicht, nervt, macht Angst oder ist einfach total blöd? Hier wird sich einmal richtig ausgelassen.

In der anschließenden Phantasie- und Utopiephase wird gemeinsam aus den Themenschwerpunkten der Kritiken ein „Wunschhorizont“ entwickelt. Die abschließende Verwirklichungsphase dient der Überprüfung und Übersetzung der Ideen und Wünsche in die Realität. Diese Phase ermöglicht den Teilnehmenden eine Perspektive auf ein lösungsorientiertes Handeln zu entwickeln.[1]

Die Ergebnisse

Bereits beim Fachtag der Familienzentren 2023 in Hannover (siehe Beitrag von Andreas Schenk)  wurde erkannt, dass Wohlbefinden „[…] die wesentliche Grundlage für Kinder ist mit ihrer Umgebung in Beziehung zu gehen um Lernerfahrungen zu machen. Der pädagogische Alltag in Kitas und Familienzentren muss so gestaltet sein, dass Kinder sich sozial eingebunden fühlen, sich als kompetent erleben und Autonomieerfahrungen machen. Autonome Handlungsregulationen beeinflussen das Lernen von Kindern am Stärksten.“ (Schenk) Aber wie ist das denn mit den Mitarbeiter*innen, gilt dies für sie nicht ebenso?

 

Wohlbefinden, Spaß und ein positiver, ressourcenorientierter Blick – dass waren die Hauptthemen der Zukunftswerkstatt. Doch wie können diese bei den vielen Herausforderungen im Alltag gelebt und gefördert werden?

Wichtig für die Teilnehmer*innen war die Erkenntnis, dass es für den positiven, ressourcenorientierten Blick immer wieder Routinen oder Rituale braucht, in Früh- oder Dienstbesprechungen. Es macht einen Unterschied, ob man sich in der Frühbesprechung darüber freut, dass drei Funktionsräume geöffnet haben, oder ob man bedauert, dass drei Kolleg*innen krank sind. Weiter bedarf es an Reflexionsschleifen oder Übungen, welche das Team immer wieder daran erinnern, dass die Kinder und Familien im Fokus stehen und es nicht jeden Tag große Anlässe zum Feiern und Freuen geben muss, sondern auch kleine, feine – aber überaus wichtige.

Für das Wohlbefinden gelten ebensolche Faktoren, wie für Kinder: wenn Mitarbeiter*innen selbstwirksam arbeiten können, eigene Entscheidungen treffen, kreativ sein und über den Tellerrand hinausblicken dürfen, dann stellt sich Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ein. Wenn Mitarbeiter*innen gern zur Arbeit kommen, dann deshalb, weil sie sich dort wohlfühlen, gesehen, ernst genommen und ihre Kompetenzen wertgeschätzt werden. Dies alles zu unterstützen ist vorrangig Aufgabe der Leitungen, aber auch die Aufgabe aller Mitarbeiter*innen, sich zu hinterfragen, warum sie diesen Beruf ausüben wollen, wie sie sich motivieren können und an wen sie ihre Bedarfe äußern können, um ihren Job jeden Tag zufrieden zu gestalten.

Ein paar Ideen

  • ALI = Atmen, Lächeln, Innehalten – manchmal braucht es kein „Ja, aber…“
  • „Inhalations-Möglichkeiten“ schaffen – wie können Haltung und Wohlbefinden zusammenkommen? Der Early Excellence-Ansatz und andere pädagogische Konzepte haben hier eine Methodenvielfalt zu bieten:
    • Reflexionsübungen
    • Fortbildungen
    • Gegenseitige Erinnerung im Team
  • Feedback-Übungen installieren
  • Zitat des Tages oder gute Nachrichten in der Frühbesprechung etablieren.
  • Positive Momente von Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen groß machen und benennen.
  • Die Bedarfe der Mitarbeiter*innen im Blick haben.

Grundsätzliches

Wenn sich ein Kita-Team auf den Weg macht, mit Personalmangel konstruktiv umzugehen, stößt es unweigerlich auf das niedersächsische KitaG. Durch die Gesetzgebung werden viele Handlungsmöglichkeiten für Kita-Teams eingeschränkt. Ob nun personell, in der Zusammenarbeit mit Familien oder im Sozialraum. Dieser Herausforderung kann nur auf struktureller Ebene begegnet werden, um Freiräume für Leitungen und Kita-Teams zu ermöglichen.

Die Zukunftswerkstatt hat auf Wunsch von Leitungen der Familienzentren in trägerübergreifender Zusammenarbeit stattgefunden und wurde von 51.46 realisiert. Es ging in diesem Setting darum, Perspektiven zu eröffnen, um mit dem dauerhaften Personalmangel im Kita-Bereich konstruktiv umzugehen.

 

Autor*in:  Corinna Köhler, Sachgebiet Fachberatung für trägerübergreifende Angelegenheiten und Programme, Fachbereich Jugend und Familie, Landeshauptstadt Hannover

Fotos: Claudia Possekel

 

[1] Siehe Kuhnt, Beate & Müllert, Norbert R. (2006): Moderationsfibel. Zukunftswerkstätten verstehen – anleiten – einsetzen. Das Praxisbuch zur Sozialen Problemlösungsmethode Zukunftswerkstatt. 3. überarb. Aufl.. Neu-Ulm: AG SPAK Bücher.

 

Datum: 27 Mrz, 2024